A 20 gehört auf die Streichliste!

Nur unter einer Bedingung kann der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) Glaubwürdigkeit erlangen und seine festgeschriebenen Ziele erfüllen: Projekte wie die A 20 müssen aus dem „Vordringlichen Bedarf“ gestrichen und entweder in den „Weiteren Bedarf“ zurückgestuft oder vollständig aus dem Verkehrswegeplan entfernt werden.

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des BVWP übt der Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A 20 massive Kritik: Wieder einmal sollen mehr Finanzmittel in den Straßenbau investiert werden als in Schienenprojekte. Mit dieser längst überholten Schwerpunktsetzung verhindert der Entwurf eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik und widerspricht den Klimaschutz- und Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung und der EU. Stattdessen wird stärkeren Lärm- und Schadstoffbelastungen sowie weiterem Flächenverbrauch der Weg bereitet. Die gleichwertige Behandlung der drei Verkehrsträger Wasserstraße, Schiene und Straße im Sinne der bedarfsgerechten Planung eines Gesamtnetzes wird vernachlässigt. Mit der Einstufung unzähliger Projekte in den „Vordringlichen Bedarf“ kann von einer seriösen Überprüfung der Notwendigkeit oder gar von einer verantwortungsvollen Prioritätensetzung nicht die Rede sein. Die rechtlich vorgeschriebene Ermittlung und Prüfung von Alternativen fehlt fast gänzlich.

Zudem ist der BVWP-Entwurf unvollständig. Viele Bahnstrecken und wichtige Bahnknotenpunkte sind nicht abschließend bewertet worden. Die Darstellung und Bewertung der Verkehrsnetze verharrt im Stadium eines bloßen Fragmentes. Schadstoffemissionen werden ohne Berechnung lediglich abgeschätzt. Effekte der Verkehrsverlagerung bleiben unberücksichtigt. Viele Straßenprojekte entziehen sich der Möglichkeit einer Stellungnahme, da sie als laufende Bauvorhaben eingestuft wurden, obwohl die rechtswirksame Planfeststellung fehlt.

Uwe Schmidt, Pressesprecher der Initiativen gegen die A 20, stellt fest: „Wenn das Bundesverkehrsministerium seine eigenen Zielsetzungen ernst nimmt, dann muss es die A 20 endgültig aus dem ‚Vordringlichen Bedarf’ streichen.“

Auf dieser Autobahn werden selbst nach aktuellen Berechnungen des BMVI höchstens rund 18.000 Fahrzeuge täglich unterwegs sein – eine lächerliche Verkehrsmenge für eine Autobahn. Die A 20 hat ein unsäglich schlechtes Nutzen-Kosten-Verhältnis und den geringsten gesamtwirtschaftlichen Nutzen aller niedersächsischen Bauprojekte im „Vordringlichen Bedarf“. Überdies ist sie das mit Abstand umweltschädlichste Projekt im gesamten BVWPEntwurf.

Die A 20 ist offensichtlich nur durch zweifelhafte Tricks in den „Vordringlichen Bedarf“ gehievt worden: Diese Einstufung erfolgte aufgrund einer angeblich hohen Raumwirksamkeit und einer vermeintlichen Funktion für die Hinterlandanbindung der Seehäfen. Beide Begründungen sind hinfällig.

Der Koordinationskreis weist in seiner Stellungnahme nach, dass die hohe Raumwirksamkeit der A 20 schlicht frei erfunden ist. Alle Analysen des BMVI kommen zu dem Ergebnis, dass die A 20 maximal eine mittlere, in manchen Teilabschnitten sogar nur eine geringe Raumwirksamkeit aufweist. Außerdem wird in der Stellungnahme schlüssig dargelegt, dass die A 20 aufgrund ihrer Ost-West-Ausrichtung für die Hinterlandanbindung der Seehäfen funktionslos ist. Die straßenseitige Anbindung des überwiegend südlich und südöstlich gelegenen Hinterlandes ist über die vorhandenen Autobahnen bereits gewährleistet. Faktisch kann der Güterverkehr auf den existierenden Straßen selbst bei einem zukünftigen Anstieg der Transportmenge nahezu reibungslos fließen. Ausweislich der Unterlagen des BMVI ist die A 20 zur Beseitigung bestehender Engstellen wirkungslos und ungeeignet. Die beste, kostengünstigste und bereits erfolgreich praktizierte Verbindung der deutschen Seehäfen mit Skandinavien, mit dem Baltikum und mit Russland ist der Seeweg. Eine zusätzliche Straßenverbindung ist sinnlos, zumal die Hafenbetreiber selber den Gütertransport mittels LKW nur über Entfernungen bis zu 150 km als rentabel ansehen.

„Der Entwurf des BVWP ist mehr als mangelhaft“, so Uwe Schmidt. „Wir erwarten eine umfassende Überarbeitung sowie eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung, zumal die jetzige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ihren Namen nicht verdient hat.“

Die Beteiligungsfrist wurde regelwidrig auf nur sechs Wochen begrenzt und wichtige Dokumente waren verspätet, kaum oder gar nicht im Internet auffindbar. Die Möglichkeit, eine Online-Stellungnahme abzugeben, war stark eingeschränkt. „Das ist ein Armutszeugnis für ein Bundesministerium, welches auch für die digitale Infrastruktur zuständig ist“, konstatiert Schmidt.

Anlagen
Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A 20 (A 22): Stellungnahme zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030. 29.04.2016

Koordinationskreis der Initiativen gegen die A 22/ Arbeitsgruppe ‚Verkehrliche Alternativen’: Verkehrliche Alternativen zur Küstenautobahn A 22. Einführung, Verkehrsvermeidung, Schiene, Wasserweg, Straße, Karte mit Verkehrlichen Alternativen. Mai 2010. Abrufbar unter: wp.a22-nie.de/wp-content/uploads/2012/10/Verkehrliche-Alternativen-zur-A22_KOK_2010_oL.pdf

Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A22/20: Küstenautobahn A22/20. Nutzenanalyse ihrer Funktion als Hinterlandanbindung der Seehäfen. Juni 2011. Abrufbar unter: wp.a22-nie.de/wp-content/uploads/2012/10/A22-Hinterlandanbindung_2011-06-30.pdf

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